Das Opernhaus Zürich ist das grösste Opernhaus der Schweiz. Es bietet Platz für 1100 Besucher. Das Opernhaus Zürich wird seit 2012 von Intendant Andreas Homoki, Generalmusikdirektor Fabio Luisi und Ballettdirektor Christian Spuck geleitet.
Les Contes d’Hoffmann von Jacques Offenbach
Kunst oder Leben? Traum oder Wirklichkeit? Liebe oder Fantasie? Hin- und hergerissen zwischen diesen Polen ist Hoffmann, der Dichter. Seine Liebe zu der umjubelten Sängerin Stella findet keine Erfüllung, und so flüchtet er sich in den Alkohol und in die Welt seiner Fantasie: In einer weinseligen Nacht erzählt er seinen Freunden von drei fantastischen Liebesabenteuern – mit Olympia, in deren makellose Schönheit er sich Hals über Kopf verliebte, um dann erkennen zu müssen, dass die so heiss Begehrte eine Puppe war; mit Antonia, die sich in fiebrigem Gesang verzehrte und in Hoffmanns Armen starb; und schliesslich mit Giulietta, der venezianischen Kurtisane, die ihm ewige Liebe schwor und ihn doch nur verführte, um seines Spiegelbilds habhaft zu werden. Jedes Mal scheiterte Hoffmann – an sich selbst, an der Liebe und an seinem teuflischen Gegenspieler, der mal Lindorf heisst, mal Coppélius, Dapertutto oder Dr. Miracle. Den berühmtesten Dichter der Romantik, E.T.A. Hoffmann, der in seinen magisch-surrealen Erzählungen auf faszinierende Weise den Schwellenbereich zwischen Realität und Fantastik auslotet, machte Jacques Offenbach zur Hauptfigur seiner letzten Oper, die zugleich seine einzige ernste Oper ist; sie vereint meisterhaft Tonfälle der Operette, der sentimentalen opéra comique und der romantisch-fantastischen Oper. Originelle melodische Erfindungen verbinden sich mit packender Dramatik, und natürlich darf auch die feine Offenbachsche Ironie nicht fehlen, die die schwärmerischen Empfindungen der Hauptfigur immer wieder bricht. In dieser Neuproduktion schlüpft der Tenor Saimir Pirgu, in Zürich nicht nur durch seine Interpretation des Duca in Verdis Rigoletto bekannt, in die Rolle des Dichters Hoffmann. Intendant Andreas Homoki übernimmt die Regie. Am Pult der Philharmonia Zürich steht der italienische Dirigent Antonino Fogliani, der auf dem Sprung ist zur grossen internationalen Karriere.
Premiere 11. April 2021
weitere Aufführungen 14., 18., 22., 25. und 28. April; 4., 8., 13. und 16. Mai 2021
Jewgeni Onegin von Pjotr Tschaikowski
Gegen alle Warnungen seiner Freunde und Kollegen, der Stoff sei nicht dramatisch genug und biete zu wenig Effekt auf der Bühne, komponierte Tschaikowski seine intime, „lyrische Szenen” benannte Oper Jewgeni Onegin. Schon bald nach seiner Moskauer Uraufführung etablierte sich der Onegin als beliebteste Oper Tschaikowskis. In ihrer offenen Struktur, die das Seelenleben der jungen Protagonisten ins Zentrum stellt, weist diese tragische Geschichte verpasster Chancen bereits weit voraus in die Zukunft des Musiktheaters.
Auf den ersten Blick verliebt sich die romantische, weltfremd nur in den Liebesgeschichten ihrer Bücher lebende Tatjana in Onegin, einen verwöhnten, herablassend auftretenden Intellektuellen. Noch in der Nacht nach ihrer ersten Begegnung schreibt Tatjana Onegin einen schwärmerischen Brief, in dem sie ihm ihre Liebe gesteht und ihr Schicksal in seine Hände legt. Kühl weist Onegin sie ab – er sei für die Ehe nicht geschaffen und könne sie nur als Bruder lieben. Als Onegin später auf einem Ball mit Tatjanas Schwester Olga flirtet, fordert ihn sein Freund Lenski, der Olga liebt, zum Duell. Onegin erschiesst Lenski. Jahre danach treffen sich Tatjana und Onegin unerwartet wieder. Tatjana ist nun die Ehefrau des reichen Fürsten Gremin. Onegins überschwängliches Liebesbekenntnis kommt zu spät.
In der Wiederaufnahme der hochgelobten Inszenierung von Barrie Kosky ist der junge russische Bariton Konstantin Shushakov in der Titelrolle zu erleben. Ausserdem gibt es ein Wiedersehen mit Pavol Breslik; er singt den Lenski. Gelena Gaskarova aus dem Ensemble des Mariinsky Theater St. Petersburg debütiert als Tatjana am Opernhaus. Die musikalische Leitung hat Kirill Karabits, der diese Spielzeit als Dirigent von Mussorgskis Boris Godunow eröffnen wird.
23. und 27. April; 2., 9. und 14. Mai 2021
Viva la mamma von Gaetano Donizetti
Fiebrig und von seiner Krankheit bereits geschwächt, erwägt Gaetano Donizetti gegen Ende seines Lebens, seine Oper Le convenienze ed inconvenienze teatrali noch in eine letztgültige Form zu bringen. Doch die Zeit läuft ihm davon. Als Donizetti im April 1848 stirbt, bleibt die 21 Jahre zuvor begonnene Farce als Flickwerk liegen. Die Schweizer Regisseurin Mélanie Huber inszeniert die stürmisch-unterhaltsamen Kapriolen Donizettis auf den Wahnsinn des Theateralltags, die im 20. Jahrhundert frei adaptiert unter dem Titel Viva la mamma wieder auf die Bühne gefunden haben, mit Sängerinnen und Sängern des Internationalen Opernstudios. Sie erzählt das Stück in einem neu verfassten Text- und Handlungsrahmen von Stephan Teuwissen, mit dem sie u.a. erfolgreich für Bartleby, der Schreiber nach Melville am Schauspielhaus Zürich zusammenarbeitete. In dieser Version tritt auch der von Fieber und Wahn strapazierte Komponist selber auf. Leicht überdreht, aber auch poetisch und traumgetrieben bringt Gaetano einen subalternen Teufel dazu, ihm einen letzten Wunsch zu erfüllen: Die Aufführung eben seines Opernpastiches Sitten und Unsitten des Theaters. Der Teufel lässt sich einspannen, und bevor er es merkt, wird ihm die Hauptrolle aufgebürdet – Mamma Agata, eine schrullige Künstlerinnenmutter, so unbelehrbar wie unaufhaltsam. Ihr gegenüber stehen eine selbstgefällige Primadonna samt penetrantem Ehemann, zweit- und drittrangige Sängerinnen, ein deutscher Tenor sowie drei Herren von der Theaterleitung, die verzweifelt versuchen, die Schicksals- und Opernfäden in der Hand zu behalten. Erwartungsgemäss laufen die Proben völlig aus dem Ruder, und der arme Gaetano darf zusehen, wie sich sein Werk in eine hektische Teufelsküche verwandelt.
8., 12., 14., 16. und 19. Mai 2021
Aufstieg und Fall der Stadt Mahagonny von Kurt Weill
Bertolt Brechts und Kurt Weills 1930 uraufgeführte Oper Aufstieg und Fall der Stadt Mahagonny ist ein grosser Spass. Weills kontraststarke Partitur schneidet Music-Hall-Songs, Jazznummern, Volksmusik, Choräle und Arien zusammen. Die Szene bietet farbiges, temporeiches Theater mit abenteuerlichen Schauplatzwechseln. Die Themen, um die es geht, reichen von der grossen Glückssuche des Menschen bis zum drohenden Weltuntergang. Aber der Spass soll einem in diesem Stück im Halse stecken bleiben, denn Mahagonny ist auch zynisch, sarkastisch und ätzend in seiner gesellschaftskritischen Haltung. Es zeigt eine in Anarchie versinkende, sich selbst zerstörende Gesellschaft, entlarvt den Kapitalismus als ein pervertiertes Freiheitsversprechen und führt uns wie in einem Zerrspiegel die Verworfenheit des Menschen vor. Die in der Premierenserie vor drei Jahren überaus erfolgreiche Inszenierung von Sebastian Baumgarten lässt den Klassiker aus der frühen Musiktheater-Moderne als ebenso grellfarbigen wie beissend-gesellschaftskritischen Bilderreigen ablaufen. Baumgarten zeigt die Exzesse einer egoistischen Lust- und Spassgesellschaft mit den Mitteln des epischen Theaters, die er mit grossem Schauwert für die Gegenwart neu interpretiert. Die hochanspruchsvolle Tenor-Partie des Untergangshelden Paul Ackermann singt einmal mehr Christopher Ventris, die rumänische Sopranistin Valentina Farcas ist als Jenny zu erleben, und die Charakterpartie der Witwe Begbick übernimmt Doris Soffel.
13., 15., 19., 22. und 28. Mai 2021
Capriccio von Richard Strauss
Ist das Wort wichtiger? Oder dominiert vielmehr die Musik? Die Frage nach dem Werteverhältnis von Ton und Wort in der Oper ist so alt wie die Gattung selbst, und sie steht im Zentrum von Richard Strauss’ Konversationsstück „Capriccio”, der letzten Oper des fast 80-jährigen Komponisten. Capriccio ist allerdings alles andere als ein trockener Diskurs über die Vorherrschaft von Sprache oder Musik in der Oper, sondern ein doppelbödiges Spiel, das die Kunstdiskussionen der Figuren virtuos mit ihren erotischen Verstrickungen verknüpft: In einem Salon nahe Paris unterhalten sich ein Theaterdirektor, ein Dichter, ein Komponist, eine Schauspielerin und der in sie verliebte Graf leidenschaftlich über das Wesen der verschiedenen Kunstgattungen. Der Graf schlägt vor, genau darüber eine Oper aufzuführen, über sie selbst, «die Ereignisse des heutigen Tages, was wir alle erlebt!». Im Mittelpunkt aller steht jedoch die verwitwete Gräfin Madeleine, Schwester des Grafen, um deren Liebe sich der Dichter Olivier und der Komponist Flamand im Wettstreit mit ihren Werken bemühen. Doch so sehr sich die Gräfin von ihnen angezogen fühlt, so sehr lässt sie ihre Entscheidung für den einen oder anderen offen – genau wie den Schluss des in Capriccio aufzuführenden Werks. Mit der rätselhaft-schwebenden Aura der Gräfin, ihrer Haltung aus Ironie, Wehmut und Einsicht, schuf Strauss noch einmal eine grosse, komplexe Frauenfigur, die eng verwandt ist mit Vorgängerinnen wie der Arabella oder der Marschallin aus dem Rosenkavalier.
„In Ihrem Salon vergehen die Stunden, ohne dass die Zeit älter wird, Frau Gräfin!”, bemerkt die Schauspielerin Clairon einmal. Bei Regisseur Christof Loy sind die Capriccio-Figuren denn auch gleichsam wie in einer Zeitschleife gefangen; seine Inszenierung folgt der Selbstbespiegelung der Gräfin bis in alle Verästelungen und dreht noch ein wenig weiter am schwindelerregenden Spiel des Theaters im Theater. Capriccio sei ein «Leckerbissen für kulturelle Feinschmecker», so Strauss, und das verspricht auch unsere Besetzung: als Gräfin debütiert Julia Kleiter, ihr zur Seite stehen u.a. Christof Fischesser, Markus Eiche und Paula Murrihy. Markus Poschner dirigiert nach Hänsel und Gretel bereits seine zweite Neuproduktion an unserem Haus.
Premiere 24. Mai 2021
weitere Aufführungen 27. und 30. Mai; 3., 6., 10. und 13. Juni 2021
Madama Butterfly von Giacomo Puccini
Mitte des 19. Jahrhunderts erzwang die amerikanische Marine die Öffnung der japanischen Häfen. In der Folge verbreitete sich das Wissen um die Kultur Japans auch im Westen und inspirierte dort zahlreiche Künstler. Auch Giacomo Puccini liess sich für Madama Butterfly von einem Stoff anregen, in dem die amerikanische und die japanische Kultur aufeinanderprallen. Die neu entdeckte Klangwelt des asiatischen Kulturraums inspirierte ihn zu seiner bis dahin ambitioniertesten Partitur. Die tragische Handlung dreht sich um den amerikanischen Militärleutnant Pinkerton, der die junge Geisha Butterfly für die Dauer seines Japanaufenthalts heiratet. Nachdem er nach Amerika zurückgekehrt ist, wartet Butterfly mit dem gemeinsamen Sohn umsonst auf Pinkertons Rückkehr und zerbricht an ihren vergeblichen Hoffnungen. Mit überwältigend schönen, ruhig abstrahierenden Bildern und grosser erzählerischer Spannung überzeugte der amerikanische Regisseur Ted Huffman mit seiner ersten Arbeit am Opernhaus Zürich. In dieser Wiederaufnahme wird Ana María Martínez in der Titelpartie ihr Hausdebüt geben. Die puerto-ricanische Sopranistin hat die Partie unlängst an der Wiener Staatsoper, der Opéra de Paris und an der New Yorker Met gesungen. Als Pinkerton und Sharpless sind, wie schon in der Premiere, Saimir Pirgu und Brian Mulligan zu hören. Am Pult der Philharmonia Zürich steht Marco Armiliato.
6., 9., 12., 19., 22. und 25. Juni 2021
Lucia di Lammermoor von Gaetano Donizetti
„Liebe, zerstörerisch-heftige Liebe, ohne die jede Oper kalt bleiben muss”: Das war es, was Donizetti von einem Opernstoff forderte – und das war es auch, was ihm der Roman The Bride of Lammermoor von Walter Scott in höchster Intensität lieferte: Die fragile, den Tod ihrer Mutter betrauernde Lucia hat sich in Edgardo verliebt, den Todfeind ihres Bruders Enrico. Edgardo ist bereit, den alten Hass zwischen den Familien zu überwinden, doch Lucia fürchtet die Hartherzigkeit ihres Bruders und bittet Edgardo um die Geheimhaltung ihrer Verbindung. Tatsächlich ist Enrico vor Wut ausser sich, als er von der Liebe seiner Schwester zu Edgardo erfährt – hatte er doch geplant, Lucia an den reichen Arturo Bucklaw zu verheiraten, von dem er sich die Sicherung der eigenen, von Schulden bedrohten Existenz erhofft. Mit gefälschten Briefen soll Lucia von der Untreue Edgardos überzeugt werden; mitleidlos setzt Enrico seine Schwester so lange unter Druck, bis sie in die Hochzeit einwilligt. Doch am Schmerz über ihre ungelebte Liebe zerbricht Lucia. Ihrer Sinne nicht mehr mächtig, ersticht sie in der Hochzeitsnacht Arturo. Ihr eigener Tod wird für Lucia zur einzig möglichen Befreiung aus einer verzweifelt ausweglosen Situation. Als Edgardo die Totenglocken läuten hört, nimmt er sich das Leben.
Grossen Anteil an diesem bis heute anhaltenden Erfolg hatte Lucias berühmte Wahnsinnsszene, eine der berührendsten Opernszenen überhaupt, deren Gestaltung für die Sängerin der Titelpartie musikalisch und darstellerisch eine immense Herausforderung bedeutet. In unserer Neuproduktion ist die amerikanische Sopranistin Lisette Oropesa Lucia. Sie konnte mit dieser Partie am Royal Opera House London und am Teatro Real in Madrid bereits grosse Erfolge feiern. Als ihr Geliebter wird Piotr Beczała ans Opernhaus zurückkehren. Die Regie übernimmt die in Zürich für ihre genaue Personenführung bestens bekannte Tatjana Gürbaca, am Pult der Philharmonia steht die italienische Dirigentin Speranza Scappucci.
Premiere 20. Juni 2021
weitere Aufführungen 24. und 26. Juni; 1., 4., 7. und 10. Juli 2021