Die Römer wussten, wo es schön ist: Mitten im Rebenmeer über dem Bad Dürkheimer Stadtteil Ungstein wurden 1981 eine Römische Villa mit Tretkelteranlage als Teile des größten römischen Herrenhauskomplexes der Pfalz frei gelegt und teilweise restauriert. Bei schönem Wetter reicht der Blick bis zum Schwarzwald.

Das Haupthaus soll vor fast 2.000 Jahren eine gewaltige Frontlänge von 150 m gehabt haben. Beim Blick durch die drei imposanten rekonstruierten Säulen öffnet sich das Panorama auf Weinberge, Pfälzerwald, Stadt und Rheinebene. Bei schönem Wetter reicht der Blick bis zum Schwarzwald. Unterhalb der Villa ist eine funktionsfähige römische Tretkelteranlage erhalten, in der auch heute noch Wein „mit Füßen getreten“ wird. Die herausragende Bedeutung der Anlage wurde durch das Deutsche Weininstitut mit der Verleihung des Titels „Höhepunkt der Weinkultur“ bestätigt.
Im Sommer findet hier das „Weinfest an der Römerkelter“ statt, wo nicht nur hervorragende Weine ausgeschenkt werden, sondern regelmäßig auch eine Römercohorte ihr Lager aufschlägt und authentische Einblicke in das Leben der Römer gewährt.
Seit gut 100 Jahren war in Bad Dürkheim bekannt, dass es an einem Südhang bei Ungstein in der Gewanne „Weilberg” eine römische Siedlung gegeben haben muss. Bereits 1894 waren westlich der heutigen Ausgrabungen zwei Steinsärge entdeckt worden. Die Beigaben – ein formgepresstes Kopfglas und eine Weinflasche nebst Weinglas belegen bereits die Verbindung zum Wein. Die Experten datieren die Gefäße in die Zeit von Kaiser Konstantin, also ins frühe 4. Jahrhundert nach Christus.
Schon 1897 hatte der Gymnasiallehrer Mehlis einen Mauerzug von 12 Metern Länge freigelegt und damit die Ansiedlung lokalisiert. Mit Sicherheit war deren Existenz aber auch im Mittelalter, denn die Weinlage „Weilberg” stellt bereits 1309 mit „zu wile“ die Verbindung zur römischen villa rustica her.

Antikes „Reservat” im Weinberg
Die Ungsteiner Winzer kamen 1981 bei der Flurbereinigung dieses Gebietes den Archäologen gerne entgegen, so dass vom Landesamt für Denkmalpflege monatelang ausgedehnte Untersuchungen stattfinden konnten. Auch ließen sie später die Einrichtung einer fast 5000 Quadratmeter großen Schutzzone zu, ein antikes „Reservat” mitten im Weinberg. Von April bis Juli 1981 wurde im Bereich des Herrenhauses gegraben. Ein großer Teil der Nebengebäude wurde erst im Laufe der unmittelbaren Abschiebearbeiten entdeckt und bis September 1981 untersucht. Die Archäologen waren sehr erfreut, dass die Mauern der Villenanlage überaus gut erhalten waren, teilweise bis zu 150 Zentimeter hoch. Vieles wurde allerdings, weil die Zeit für eine komplette wissenschaftliche Ausgrabung nicht zur Verfügung stand, wieder zugeschüttet und lediglich mit Plänen festgehalten.

Das Herrenhaus
Das Herrenhaus überragte einst mit 104 Metern Länge, später sogar 150 Metern (und gut 30000 Quadratmetern Wohnfläche in mehreren Geschossen) das gesamte Anwesen. Fundamente von elf weiteren Gebäuden wurden nachgewiesen. Der zentrale Bau (mit 15 Räumen) und seine seitlichen Annexen waren durch einen Portikus miteinander verbunden. Bruchstücke von Säulen und Kapitelen zeugen von der handwerklichen Qualität dieses Umgangs. Zwei in der ursprünglichen Höhe und Größe wieder aufgerichtete Säulen erleichtern die Vorstellung der einstigen Bauweise.

Badetrakt und Pferdestall
Die Wohnzimmer sind für damalige Verhältnisse schlicht gewesen, es wurden keine Mosaikböden gefunden. Der 150 Quadratmeter große, für den Umfang der Anlage eher bescheidene Badetrakt, zeigt die Wichtigkeit des Badebetriebs in der Antike. Vorhanden sind ein Kalt- und ein Warmbad, dazu ein Auskleideraum und ein Schwitzbad. Der Besitzer der Villa muss auch ein Pferdenarr gewesen sein. Nur durch einen Flur vom Bad getrennt fanden die Archäologen 1993 einen Pferdestall. Die einst einen Unterstand tragenden Pfeiler, die Futterluke und eine Krippe wurden inzwischen wieder aufgestellt.

Bis ca. 350 n. Chr.
Weitere drei Räume waren durch ein Flügeltor zu betreten, die Steinschwelle ist noch zu besichtigen. Wahrscheinlich, so nehmen die Archäologen an, waren hier der Fuhrpark sowie Speicher untergebracht. Im frühen 4. Jahrhundert ist das Haus offenbar nochmals erweitert worden. Mindestens acht Nebengebäude gehörten zu der Anlage. Der Komplex wurde um die Mitte des 4. Jahrhunderts zerstört, wohl durch die Alemannen (um 352). Die jüngsten Münzen tragen das Datum 348 n.Chr. Drei jüngere kleinere Wirtschaftsgebäude belegen, dass die Flächen bis ins 5. Jahrhundert genutzt wurden.

Das Kelterhaus
Das bedeutsamste dieser Nebengebäude ist ein Kelterhaus. Ein langes rechteckiges Becken von 4×2 Metern mündet in ein fast quadratisches Becken. Ein weiteres rechteckiges Becken wurde später hinzugefügt. In die beiden äußeren Becken wurden zur Erntezeit die Trauben eingefüllt und mit den Füßen zertreten. Der Most floss in das etwas tiefere mittlere Becken, wo er ausgeschöpft und in Fässer gefüllt wurde. Der Ertrag von 30 bis 40 Hektar Rebfläche konnte nach Schätzungen der Experten hier während des Herbstes verarbeitet werden. Bei besonderen Gelegenheiten steigen Ungsteiner und die Mitglieder der 1. Römercohorte Opladen gerne in römischer Tracht in die Becken und führen diese Form der antiken Weinpresse vor. Ansonsten herrscht Ende Juni römisches Leben im Weingut, wenn das „Weinfest an der Römerkelter“ gefeiert wird.

Rebkerne aus der Antike
Aber nicht nur diese Kelter lieferte den Nachweis für Weinbau während der Antike in der Bad Dürkheimer Gegend. In einem stark verformten, ehemals glockenförmigen Bleigefäß aus dem Schutt eines großen Nebenbaus, fanden sich in einer dicken Bleioxidschicht zahlreiche Rebkerne. Die wissenschaftliche Untersuchung ergab, dass es sich neben Wildreben schon um frühe Formen der Riesling-, Traminer- oder Burgunder-Trauben handelte. Gezeigt werden auch sichelförmige Rebmesser oder zweizinkige Rotthacken.

Schutzbau für Kelter
Die Erhaltung dieser Zeugnisse antiker Weinkultur entsprach sowohl dem Wunsch der Denkmalpflege wie dem der Winzer vom Weilberg. Mit Unterstützung des Landes Rheinland-Pfalz, des Landkreises und der Stadt Bad Dürkheim, des Bezirksverbandes Pfalz sowie zahlreicher Spenden konnte der Schutzbau des Kelterhauses, einer kleinen römischen Risalitvilla nachempfunden, errichtet und 1983 eröffnet werden, in dem sich die Estrichbecken sowie zahlreiche Text- und Bildtafeln zur Informationen befinden. Ein gestalteter Vorplatz mit Sitzgelegenheiten lädt zur Rast ein. Über dem einst 45 Meter langen Herrenhaus schützt ein 15×15 m messender, ein Stockwerk niedrigerer Bau, den antiken Keller mit der gut erhaltenen Treppe.

Römischer Friedhof
Zu jedem römischen Gut gehört ein Friedhof. Zu den beiden Sarkophagen, die 1894 entdeckt wurden, gesellte sich 1981 bei den Grabungen ein weiterer. Südwestlich der Villa fand sich ein unzerstörter Steinsarg, ein ehemaliger Brunnentrog, in dem eine jugendliche weibliche Person bestattet war. Alle Sargfunde sind heute östlich des restaurierten Teils des Herrenhauses ausgestellt.

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