Die Herzog August Bibliothek (HAB) ist eines der weltweit führenden Zentren für kulturgeschichtliche Forschung. Die Grundlage dafür bildet die Bibliothek, die einzigartige Bestände bewahrt, erschließt, erweitert und präsentiert. Wissenschaftler aus aller Welt bieten sich hier optimale Bedingungen für ihre Forschung.
Die Sammlung der Handschriften und Bücher Herzog Augusts d. J. von Braunschweig-Lüneburg bildet neben einer Vielzahl anderer Sammlungen den Kern der Wolfenbütteler Forschungsbibliothek. Als Teil der internationalen Mittelalter- und Frühneuzeitforschung werden die Bestände ständig ergänzt. Gleichzeitig baut die Bibliothek Zugangs- und Benutzungsmöglichkeiten aus.
Die Bestände der Bibliothek umfassen Handschriften, alte Drucke und Forschungsliteratur zu allen historischen Disziplinen mit Bezug zum Mittelalter und zur Frühen Neuzeit. Zu den sogenannten Sondersammlungen gehören u. a. die Malerbücher und Ars librorum, eine Bibelsammlung, die graphischen Sammlungen, historische Karten, Gemälde und andere Objekte.
Mit Führungen, Workshops, Vorträgen, Konzerten und Lesungen bietet die HAB ein vielfältiges Kulturprogramm. Ausstellungen in den musealen Räumen präsentieren aktuelle Forschungsergebnisse zur europäischen Kulturgeschichte des Mittelalters und der Frühen Neuzeit. Hinzu kommen Ausstellungen moderner und zeitgenössischer Buchkünstler.

Die Augusteerhalle
Durch eine schwere Bronzetür öffnet sich die Augusteerhalle mit der Sammlung Herzog Augusts. Die hohen Bücherwände sind gefüllt mit 50.000 Drucken aus den beiden umfangreichsten Fachgruppen Theologica und Historica in 15.000 Bänden. Die übrigen knapp 20.000 Bände verteilen sich auf die anderen musealen Räume. Sie stehen noch heute in der Folge, die der Herzog selbst zur Ordnung seiner Bibliothek schon Anfang des 17. Jahrhunderts festgelegt hat. Er sammelte so systematisch und vielseitig, weil ihn wohl ein wahrhaft universeller, beinahe utopischer Anspruch antrieb: der Nachwelt das gesamte Wissen seiner Zeit in Buchform zu hinterlassen. Dazu gehörten neben den zeitgenössischen Werken auch die Druckwerke des 15. und 16. Jahrhunderts und das in Handschriften überlieferte Wissen des Mittelalters.

Die Schatzkammer
Von der Augusteerhalle gelangen wir in die Schatzkammer, die erbaut wurde, als es in den 1980er Jahren gelungen war, das Evangeliar Heinrichs des Löwen und Mathildes von England zu erwerben. In einem Lichthof der Bibliotheca Augusta wurde ein dreigeschossiger Tresor für diese und andere kostbare Handschriften sowie für besonders kostbare Drucke eingebaut, der ihre Sicherheit gewährleistet. Dort herrschen zudem optimale Bedingungen für die empfindlichen, viele Jahrhunderte alten Schätze.

Der Globensaal
Der Saal hat seinen Namen von den fünf dort ausgestellten Erd- und Himmelsgloben. Geographica, Landkarten und Globen waren bereits in Herzog Augusts Sammlung ein Schwerpunkt. Die Regale im Globensaal sind mit Bänden aus den Bereichen Jura, Medizin, Arithmetik, Geometrie und Physik gefüllt.

Die Malerbuchsammlung
Zwischen den historischen Beständen überraschen die in den Regalen liegenden farbigen Kassetten. Sie enthalten Malerbücher, auch Künstlerbucher genannt. Allen Künstler*innen ist eine eigene Gestaltung des schützenden Umschlags zugedacht. In Auseinandersetzung mit literarischen Texten sind Kunstschaffende dieses Genres seit Anfang des 20. Jahrhunderts aktiv. Diese Bücher sind deshalb so attraktiv, weil in ihnen der Inhalt, die Illustration in verschiedenen Techniken und die materielle Gestalt aufeinander bezogen und gleichrangig sind. Die Werke zeichnen sich durch kleine Auflagen oder als Unikate aus. Pressendrucke und Mappenwerke sind ebenso vertreten wie Collagen, Schachteln, Leporellos oder Schriftrollen.

Die Sammlung Hermann Zapf
Der Buch- und Schriftkünstler Hermann Zapf (1918–2015) übergab der Herzog August Bibliothek seit 1991 Teile seiner umfangreichen Sammlung. Schriftentwürfe, Buchgestaltungen und Signete Zapfs für in- und ausländische Verlage, bibliophile Ausgaben, handgeschriebene Briefe und Unterlagen über den rechtlichen Schutz von Druckschriften, Materialsammlungen über Kalligraphie, Bleisatz, Fotosatz und Computertechniken gehören dazu. Seine Schriften wie Palatino, Aldus und die Optima-Schriftfamilie haben in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts die Typographie der ganzen westlichen Welt beeinflusst.

Das Lessinghaus in Wolfenbüttel
Am 7. Mai 1770 wurde Gotthold Ephraim Lessing als Bibliothekar in Wolfenbüttel vereidigt. Er bezog zunächst die Räume des Erbprinzen im Wolfenbütteler Schloss, das seit dem Umzug von Herzog und Hof nach Braunschweig Mitte des Jahrhunderts leer stand. Hier vollendete er das Schauspiel Emilia Galotti, das 1772 in Braunschweig uraufgeführt wurde. Unter dem Titel Zur Geschichte und Literatur. Aus den Schätzen der Herzoglichen Bibliothek Wolfenbüttel gab Lessing ab 1773 eine eigene Zeitschrift heraus.
1775 reiste er über Berlin, Leipzig, Dresden und Wien nach Italien. Nach seiner Rückkehr wurde er zum Hofrat ernannt und konnte endlich Eva König heiraten, die er 1767 in Hamburg kennengelernt hatte. Im Oktober 1776 bezog er mit ihr das Meißnerhaus (Schlossplatz 2).
Für Lessing wurde dann das Haus neben der Bibliotheksrotunde renoviert. Er bezog es mit seiner schwangeren Frau kurz vor Weihnachten 1777. An Weihnachten wurde ihr gemeinsamer Sohn geboren und verstarb. Eva Lessing verstarb wenig später, am 10. Januar 1778. Fortan arbeitete Lessing in dem Sterbezimmer seiner Frau. Als Lessing 1778 seinen Streit mit dem Hamburger Hauptpastor Goetze um die „Wolfenbütteler Fragmente“ beilegen musste, begann er die Ausarbeitung seines Dramas Nathan der Weise (das 1783 in Berlin uraufgeführt wurde). Am 15. Februar 1781 starb Lessing in Braunschweig, wo er sich oft aufhielt und auch eine Wohnung hatte.

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