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In der Kunst entdecken wir Positionen, die aufgrund ihres sozio-kulturellen Kontexts, ihres Geschlechts oder ihrer Ethnie lange ausgegrenzt wurden. Als Außenseiterkunst, Kunsthandwerk, rituelle Artefakte oder Forschungspraxis fanden sie keinen Platz im allgemeinen Kunstdiskurs.

Olga Fröbe-Kapteyn (geb. 1881, London, Großbritannien; gest. 1962, Ascona, Schweiz) ist eine solche Figur. Ihr Leben als Frau, Forscherin, Mystikerin und Künstlerin ist faszinierend. In den kulturell und politisch widrigen Jahren vor dem zweiten Weltkrieg setzte sie sich mit Theosophie und ostasiatischer Philosophie auseinander, legte ein riesiges Bildarchiv an und förderte den Austausch zwischen verschiedenen Disziplinen, viele Jahrzehnte bevor überall von Transdisziplinarität die Rede ist. Ihr bildnerisches Werk, die geometrisch-kraftvollen Meditationstafeln und die später auf Papier entstandenen sogenannten Visionen, die auf ihrem Austausch mit dem Psychologen Carl Gustav Jung beruhen, sind Teil ihrer umfassenden Praxis.

Olga Fröbe-Kapteyn, The Aspirant, c. 1926-1934 © Eranos Foundation, Ascona

Olga Fröbe-Kapteyn, The Aspirant, c. 1926-1934 © Eranos Foundation, Ascona

Fünf zeitgenössische Positionen schlagen in der Ausstellung die Brücke in die Gegenwart. Die Arbeiten von Monia Ben Hamouda, Kerstin Brätsch, Hylozoic/Desires (Himali Singh Soin & David Soin Tappeser), Mountain River Jump! und Sriwhana Spong beschäftigen sich mit Gegenkonzepten zu rational, weiß, patriarchisch und kolonial geprägtem Wissen. Sie schaffen in ihren Arbeiten Räume und Erzählungen, in denen sie zu Begegnungen mit solch alternativen Formen von Wissen einladen – Wissen, das unterbewusst, körperlich, natürlich, spirituell, etc. ist, und Wissen, das meist nicht über Worte, Sprache und Konzepte produziert und weitergegeben wird. Rituelle Praktiken in Geschichte und Gegenwart sind dabei häufig Ausgangspunkt. Wie auch Fröbe-Kapteyn thematisieren sie Kunst als Werkzeug von Forschung, Heilung oder Kommunikation und nehmen dabei anti-koloniale, machtkritische Positionen ein. Deutlich wird dabei, wie statt dem Prinzip von L’Art pour L’Art (Kunst-um-der-Kunst-Willen) das Wirken von Kunst (und von Bildern ganz allgemein) in den Vordergrund rückt.
30. Juni bis 17. September 2023

www.kunsthalle-mainz.de