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Mit Barbara Hanngian, der ausdrucksintensiven Sängerdarstellerin und weltweit ebenso erfolgreichen Dirigentin, ist eine heute zweifellos ideale Interpretin zu erleben. Nachdem sie „La voix humaine” in der Inszenierung von Krszysztof Warlikowski an der Pariser Oper aufgeführt hatte, kehrte Barbara Hannigan in der Doppelrolle als Sängerin und Dirigentin zu dieser lyrischen Tragödie zurück.

Gemeinsam mit dem Videokünstler Denis Guéguin entwarf sie eine originelle Inszenierung, in der sich die zwischen Fantasie und Realität zerrissene Frau in ihrem Kummer isoliert. Der Abend, der mit den „Metamorphosen” von Richard Strauss eröffnet wird, ist als dramaturgisches Ganzes konzipiert. Er entstand 2021 für Radio France und ist zum ersten Mal in der Schweiz zu sehen.
Alles zerstört. Ruinen, soweit das Auge reicht. Im Angesicht dieser zusammengebrochenen Welt schrieb der 81-jährige Richard Strauss Ende 1944 seine „Metamorphosen“. Eine ergreifende, zutiefst berührende Klage eines völlig Desillusionierten über den Verlust unwiederbringlicher Kulturwerte. Die Heimstätten seiner Opern, das Münchner Nationaltheater, die Wiener Staatsoper, die Berliner Lindenoper und die Dresdner Semperoper, lagen in Schutt und Asche darnieder. Wo sollte er Zuflucht nehmen? Die Antwort geben die „Metamorphosen” ganz am Schluss, nämlich mit einem Zitat aus dem Trauermarsch von Beethovens „Eroica“.
Alles zerstört. Eine Liebesbeziehung eine ist in Brüche gegangen. Eine Frau wurde von ihrem Partner verlassen. Am Telefon versucht sie, das Geschehene rückgängig zu machen, beschwört gemeinsame Erinnerungen und glückliche Erinnerungen herauf, versucht, den Geliebten umzustimmen und zurückzugewinnen. Doch dieser will mit einer neuen Geliebten zu neuen Ufern aufbrechen. Zurück bleibt die Frau am Telefon, und es bleibt zum Schluss des Monodramas offen, ob sie sich mit der Telefonschnur erdrosselt. Für jede Sängerdarstellerin eine ungemein anspruchsvolle Herausforderung.
12. Januar 2023

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