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Wie entstand der Bahnhof Rolandseck? Die Antwort liegt in der Geschichte des Rheintals. Im 19. Jahrhundert war der Rhein mit seiner mythischen Landschaft eines der beliebtesten Reiseziele in Deutschland. Auch als Wohnort war die Gegend sehr begehrt: Industrielle aus Köln, Düsseldorf, Krefeld und dem gesamten Ruhrgebiet bauten sich hier Wohnsitze und genossen die romantische Landschaft, die auch als „Rheinische Riviera“ bezeichnet wurde.
Diese Entwicklung wurde durch den technischen Fortschritt verstärkt, vor allem durch den Bau der ersten Eisenbahnverbindungen. Ende 1825 wurde in England die erste Eisenbahnstrecke der Welt in Betrieb genommen. Nur dreißig Jahre später fuhr das Dampfross auch nach Rolandseck: 1856 verlängerte die private Bonn-Cölner-Eisenbahngesellschaft ihre Strecke von Köln über Bonn-Bad Godesberg bis nach Rolandseck. Ein zeitlicher Quantensprung für Reisende in die Sommerfrische am Rhein: Die Reisezeit vom Ruhrgebiet nach Rolandseck reduzierte sich von einer ganztägigen Kutschfahrt auf vier Stunden Zugfahrt. Die Begeisterung für das modernste Verkehrsmittel der Zeit schlug sich nieder in einem prachtvollen Eisenbahnempfangsgebäude.
Dabei fiel die Wahl für einen Bahnhofsstandort auf Rolandseck wegen der einzigartigen Lage in direkter Nachbarschaft zum sagenumwobenen Rolandsbogen. Der Blick auf das Siebengebirge und den Drachenfels entsprach voll und ganz den romantischen Vorstellungen der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts.
1856 wurde mit dem Bau des klassizistischen Bahnhofsgebäudes begonnen. Die Fertigstellung folgte im Jahr 1858. Der Bahnhof Rolandseck wurde zum Treffpunkt der bürgerlichen Gesellschaft, die hier gern verweilte und feierte. Während des Kaiserreichs und bis zum zweiten Weltkrieg besuchten zahlreiche Persönlichkeiten aus Gesellschaft, Politik und Kultur den Bahnhof.
Nach der Vereinnahmung allen deutschen Kulturgutes durch den Nationalsozialismus war auch die Rheinromantik als ein urdeutsches, preußisch geprägtes Motiv mit negativen „Gefühlen” besetzt. Zudem war der regionale Tourismus in den Nachkriegsjahren weggefallen. Man war mit den Herausforderungen des Wiederaufbaus unter den Besatzungsmächten befasst. Bis zum Aufschwung Mitte der 1950er Jahre war der Bahnhof in Vergessenheit geraten. Das ehemals prachtvolle Bahnhofsgebäude am Rhein verfiel zunehmend und war schließlich vom Abriss bedroht.
Kurz vor dem geplanten Abriss im Jahr 1964 entdeckte der Bonner Galerist Johannes Wasmuth (1936 – 1997) das Gebäude. Er übernahm den verlassenen und maroden Bahnhof und begann seine Vorstellung eines Kunstortes zu verwirklichen. Dabei fand er die Unterstützung zahlreicher prominenter Freunde und Künstler. Zusammen mit dem Pianisten Stefan Askenase und Yaltah Menuhin, der Schwester des Geigers Yehudi Menuhin, gründete Wasmuth 1965 die Gesellschaft »arts and music«. Mithilfe dieser verschaffte er jungen Künstlern aller Sparten Auftritts- und Arbeitsmöglichkeiten im Bahnhof.
In den kommenden Jahren wurden einige der Bahnhofsräume zu Arbeits- und Wohnräumen umgestaltet. Künstler konnten hier für längere Zeit kostenfrei wohnen und arbeiten. Einer der ersten Gäste war der britische Künstler Stephen McKenna. Er malte die Bahnhofstoiletten mit exzentrischen Motiven aus und hinterließ so ein bleibendes Andenken an die Zeit des Künstlerbahnhofs in der Bonner Republik.
Von nun an entstand ein abwechslungsreiches Programm im Künstlerbahnhof: kleine aber feine Ausstellungen, Konzerte und rauschende Künstlerfeste.
Bildende Künstler wie Gotthard Graubner, Sigmar Polke, Gerhard Richter und die Mitglieder der Künstlergruppe Zero waren häufig zu Gast. Besonders die Verbundenheit Günther Ueckers zu Johannes Wasmuth ist auch heute noch zu bestaunen: Der Künstler verlieh ihr Ausdruck in der Installation »Nagelbett«, die er für seinen Freund gestaltete und die heute ein Teil der Kunstsammlung des Arp Museums Bahnhof Rolandseck ist.
Zum wichtigsten Ereignis für die neuere Geschichte des Künstlerbahnhofs kam es im Juni 1969. Johannes Wasmuth hatte Schwierigkeiten, sein ambitioniertes Kulturprogramm in Rolandseck zu finanzieren. Deshalb organisierte er ein Fest zur Rettung des Bahnhofs. Etwa 600 Gäste waren eingeladen. Es kamen mehr als 3000 Menschen. Dem vorausgegangen war ein glühendes Manifest des berühmten französischen Pantomimen Marcel Marceau. Mit diesem forderte er die Erhaltung des Bahnhofs als Kunstort.
Diese Aktion und das Manifest wurden von vielen Künstlern unterstützt und zeigten Wirkung: Während des Künstlerfestes übergab Helmut Kohl, der damalige Ministerpräsident des Landes Rheinland-Pfalz, eine Rettungsurkunde an die Bahnhofsmacher. Diese Urkunde garantierte den Erhalt des Bahnhofs.

Sonderausstellungen 2021

Sammlung Arp 2021
Immer wandelt sich die Schönheit
Die wegweisende Bedeutung der Werke von Hans Arp und Sophie Taeuber-Arp als unverzichtbarer Beitrag der organischen und geometrischen Abstraktion des frühen 20. Jahrhunderts ist unumstritten. Besonders eindrucksvoll wird die frappierende Aktualität ihrer Werke im Kontext aktueller Künstlerpositionen. So treten in der diesjährigen Sammlungspräsentation drei Stipendiatinnen des Künstlerhauses Schloss Balmoral in einen offenen Dialog mit unseren Hauspatronen und schaffen auf diese Weise eine einzigartige Berührung zwischen Klassischer Moderne und Gegenwartskunst.
bis 11. April 2021

Antonius Höckelmann
Alles in allem
Eine umfangreiche Schenkung der Kölner Sammlerin Ute Mronz an das Arp Museum Bahnhof Rolandseck bietet den wunderbaren Anlass, den Künstler Antonius Höckelmann (1937 Oelde –2000 Köln) neu zu entdecken. Zu Unrecht sind die Werke Höckelmanns in Vergessenheit geraten, obwohl sie in den bedeutenden Ausstellungen der 1980er Jahre, u. a. auf der documenta 6 und 7, gezeigt wurden – zusammen mit denen der Malerkollegen Georg Baselitz, Markus Lüpertz und A. R. Penck. Sein vielfältiges und außergewöhnliches Œuvre soll nun in diesem vom Arp Museum Bahnhof Rolandseck und der Kunsthalle Bielefeld gemeinsam konzipierten Ausstellungsprojekt seine lang verdiente Würdigung erfahren.
bis 24. Mai 2021

Luxus und Glamour
Vom Eigensinn des Überflüssigen
Die Frage Was ist Luxus? bildet daher eine wichtige inhaltliche Klammer für die 17 unterschiedlichen in der Ausstellung vertretenen künstlerischen Positionen. Zu sehen sind die Werke der Balmoral-Stipendiaten, die sich konkret mit dem Jahresthema „Luxus und Glamour? Künstlerische Perspektiven in Mode und Schmuck” beschäftigt haben, sowie die der Stipendiaten des Landes Rheinland-Pfalz, die in ihrer Themenwahl frei waren. Die Präsentation umfasst daher sowohl künstlerische Kleidungs- und Schmuckstücke wie auch Werke, die auf unterschiedlichen Medien wie Malerei, Performance, Skulptur, Video, Fotografie und Installation beruhen. Gemeinsam ist vielen Arbeiten, dass sie sich mithilfe unterschiedlicher künstlerischer Strategien mit dem Verhältnis zwischen Kleidung und Körper, Individualität und Kollektivität, Identität und Gender sowie Körper und Raum auseinandersetzen.
bis 24. Mai 2021

Kunstkammer Rau: In Form!
Skulptur und Plastik bis 1900
Die in der Kunstkammer versammelten Bildwerke veranschaulichen vielfältige Facetten der historischen Entwicklung von Skulptur und Plastik vom Mittelalter bis zu Rodin.
Welche Themen, welche Prinzipien waren für die Bildhauer vor 1900 tragend? Welche Rolle spielte für sie – in Analogie zu Rodin – der Moment der Bewegung innerhalb der Skulptur? Wie naturnah wollten sie formen, in Stein hauen, wen oder was hoben sie auf den Sockel? Was brachten sie in Form? Religiöse Botschaften, Porträts einflussreicher Persönlichkeiten, Denkmäler gefeierter Helden. Die Ausstellung beleuchtet schlaglichtartig zentrale Aspekte der klassischen Bildhauerei.
Sie erläutert Formen von Skulptur im Kontext ihrer Entstehung, zeigt mächtige steinerne Statuen und Schnitzaltärchen im Verbund mittelalterlicher Kirchen, wirft einen Blick in die Kunstkabinette der Renaissance mit ihren grazilen kostbaren Elfenbeinarbeiten und führt in barocke Gärten und Schlösser, um antike Götter, verspielte Nymphen und Satyrn wiederzuentdecken. Nicht zuletzt zeigt sie Helden der Gegenwart auf steinernem Sockel in Zeiten der Aufklärung. All dies sind die Inspirationsquellen für Rodin und seine Zeitgenossen an der Schwelle zur Moderne.
28. Mär 2021 bis 6. Februar 2022

https://arpmuseum.org