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Boris Lurie (1924-2008) und Wolf Vostell (1932-1998) lernten sich vermutlich während Vostells ersten Aufenthalts 1964 in New York kennen. Der in Leverkusen geborene, später in Köln, Paris und Berlin tätige Wolf Vostell galt schon zu Beginn seiner Künstlerkarriere als schillernder Vertreter der international auftretenden Fluxus-Bewegung. Bereits seit den 1950er Jahren thematisierte er in Deutschland das ungeliebte Thema der Shoah. 

Der in der Sowjetunion geborene Boris Lurie floh bereits in frühen Jahren mit seinen Eltern nach Riga (Lettland). Als dort jedoch 1941 die Truppen der Nationalsozialisten einmarschierten, wurde Boris Luries Familie größtenteils ermordet. Lurie und sein Vater waren bis zur Befreiung durch die Amerikaner in verschiedenen Konzentrationslagern inhaftiert, darunter auch in Buchenwald. 1946 emigrierten Boris Lurie und sein Vater nach New York, wo Lurie künstlerisch tätig wurde und als Überlebender der Shoah die Realität der Nachkriegsgesellschaft immer mehr zu entlarven begann. Im Kreis der New Yorker Exilkünstler stabilisierte Boris Lurie sein Konzept der Antikunst und gründete 1959 zusammen mit den Künstlerkollegen Sam Goodman und Stanley Fisher
die „NO!art-Bewegung“ mit dem Ziel, die Realität der Nachkriegsgesellschaft offen und ehrlich darzustellen.

Boris Lurie: Prisoners Returning From Work, 1946-47, Oil on canvas mounted on masonite, 49,5 x 68,6 cm, BLAF.000320 © Boris Lurie Art Foundation

Boris Lurie: Prisoners Returning From Work, 1946-47, Oil on canvas mounted on masonite, 49,5 x 68,6 cm, BLAF.000320 © Boris Lurie Art Foundation

Im Zentrum der künstlerischen Arbeit von Boris Lurie und Wolf Vostell steht die Auseinandersetzung mit der Realität der Massenmedien, die alle kritischen Inhalte aufsaugen und relativieren. Beide Künstler nutzten die Bildtechniken der Printmedien (darunter insbesondere der Zeitschriften, Zeitungen und Plakate) sowie die Kommunikationsstrategien der Rundfunkmedien, um der permanenten Manipulation entgegen zu wirken und politische Entscheidungen demonstrativ zu hinterfragen.

Schlimmer als die erlebten Verbrechen war es für sie, die Gleichgültigkeit ihrer Zeitgenossen und den Zynismus der amerikanischen „Affluent Society“ zu ertragen. Beide Künstler entschieden sich für eine die Realität aufbrechende Kunst, die den Betrachter mit Fakten und Phänomenen der Gewalt konfrontiert, ihn ohne Erklärung und Sinnstiftung zurücklässt und ihn so zu einer Stellungnahme zwingt.
13. November 2022 bis 29. Januar 2023

ludwigmuseum.org