Liliana Moro. Andante con moto ist die erste umfassende Einzelausstellung der 1961 in Mailand (IT) geborenen Künstlerin. Sie spannt einen Bogen vom Frühwerk der späten 1980er-Jahre bis hin zu ihrem aktuellen Schaffen und umfasst auch neue, im Hinblick auf die Präsentation im Kunstmuseum Liechtenstein entwickelte Arbeiten. Die Ausstellung widmet sich einem grundlegenden Aspekt ihres Werks: dem Klang, auf den bereits der Titel anspielt. Moros künstlerisches Schaffen erforscht Ausdrucksmittel wie Klang, gesprochenes und geschriebenes Wort, Skulptur, Performance, Zeichnung, Collage und Video. Mit ihren Arbeiten zielt Moro darauf ab, die Wahrnehmungen und Emotionen der Betrachter:innen zu erfassen und sie einzuladen, sich sowohl physisch als auch intellektuell und emotional zu beteiligen.

Der rote Faden dieser Ausstellung ist der Klang. Der Klang hat fast unvermeidlich eine öffentliche Dimension, Klang ist ‚Freiraum‘. Liliana Moro

Das Kunstmuseum Liechtenstein verfügt in seiner Sammlung über einen bedeutenden Bestand an italienischer Kunst, vor allem der Arte Povera. Liliana Moro absolvierte ihre Ausbildung an der Kunstakademie Brera in Mailand – zu einer Zeit, als die Arte Povera in die Kunstschulen und Museumssammlungen Einzug hielt. Mit Andante con moto stellt das Kunstmuseum eine italienische Künstlerin der nachfolgenden Generation vor. Ihr Werk entstand aus dem Moment eines heftigen Bruches mit der Vergangenheit und aus einem Verlangen nach Freiheit abseits der damaligen Fragestellungen. „Wir waren frei, und wir waren Individualisten”, so Liliana Moro.

Liliana Moro, Spazi, 2019–fortlaufend, Voci, 2023, Ausstellungsansicht, Foto: Sandra Maier

Liliana Moro, Spazi, 2019–fortlaufend, Voci, 2023, Ausstellungsansicht, Foto: Sandra Maier

Schon im Foyer des Museums wird ersichtlich, worum es in der Ausstellung geht: Ein zwei Meter hohes, blau leuchtendes Neon-Ohr (Ascolto, 2006) empfängt die Besucherinnen und Besucher und weist auf die zentrale Bedeutung des Lauschens hin. Im Treppenaufgang zu den Oberlichtsälen ist die Neuproduktion Fischio #4 (2023) zu hören. Ein Pfiff der Künstlerin – ausgelöst durch einen Sensor – begleitet das Publikum auf seinem Weg in die Ausstellung. Den Auftakt bildet Spazi (2019), eine Arbeit, die auf Liliana Moros Praxis beruht, Modelle der vielen Orte anzufertigen, an denen sie ausgestellt hat. Auch das Kunstmuseum ist unter den detailgenauen Miniaturausstellungen vertreten.

Liliana Moro, Moi, 2012 , Ausstellungsansicht, Foto: Sandra Maier

Liliana Moro, Moi, 2012 , Ausstellungsansicht, Foto: Sandra Maier

In Moi (2012) – einem Kreis aus zwölf Lautsprechern auf Stativen – ist erneut die Stimme der Künstlerin zu hören. Sie rezitiert Fragmente einer Rezension über ihre Performance Studio per un probabile equilibrio in movimento aus dem Jahr 1997. In einer Arbeit aus dem Jahr 2001, für deren Titel sie eine Leerstelle in Anführungszeichen gesetzt hat („ ”) wird das Publikum herausgefordert, über durchsichtige Glasscherben zu gehen.
Liliana Moros künstlerisches Schaffen hat von den Anfängen bis heute unterschiedliche Ausdrucksmittel wie Klang, gesprochenes und geschriebenes Wort, Skulptur, Performance, Zeichnung, Collage und Video erforscht. Oft gehen ihre Werke von alltäglichen Gegenständen und Situationen aus und laden das Publikum ein, hinter das – nur scheinbar – Offensichtliche zu blicken. Jede ihrer künstlerischen Gesten verlangt eine aktive Beteiligung der Besucher, sei es durch Betreten, Niederkauern oder Zuhören. Liliana Moros Praxis des kontinuierlichen Zuhörens regt uns zu erhöhter Aufmerksamkeit an und lädt ein, sich sowohl physisch als auch intellektuell und emotional zu beteiligen. Das Zuhören wird so zu einer geteilten Erfahrung.
19. November 2023 bis 1. April 2024
https://kunstmuseum.li

Liliana Moro, Ascolto, 2006, Foto: Sandra Maier

Liliana Moro, Ascolto, 2006, Foto: Sandra Maier